Harm-Reduction (Schadensreduzierung)
Harm-Reduction bezeichnet Politiken, Programme und Praktiken, die in erster Linie darauf abzielen, die negativen gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen des Konsums legaler und illegaler psychoaktiver Drogen zu verringern, ohne den Drogenkonsum zu verringern. Die Schadensminderung kommt Menschen, die Drogen konsumieren, ihren Familien und der Gemeinschaft zugute.[1][2]
Harm-Reduction in Bezug auf das Tabakrauchen
Das Tabakrauchen gehört zu den fatalsten Epidemien des letzten Jahrhunderts und führt jedes Jahr zu geschätzt 121.000 Toten allein in Deutschland (ca. 5,4 Millionen weltweit).[3] Tabakabhängigkeit ist eine anerkannte Erkrankung [4], welche von Inhaltsstoffen des Tabakrauchs in Verbindung mit dem Alkaloid Nikotin ausgelöst wird.
Allein diese Tatsache macht es dringend erforderlich, Strategien zur Eindämmung des Tabakkonsums zu entwickeln. Im Bereich der Schadensreduzierung haben sich als sinnvolle Arten des Ersatzkonsums der Genuss von rauchfreien Tabakprodukten (Snus etc.), die Nutzung von Tabakerhitzern, sowie der Konsum von Nikotin mittels mobilen Liquidverdampfern („E-Zigarette“) herauskristallisiert.
Alle diese Möglichkeiten des alternativen Nikotinkonsums führen zu einer mehr oder weniger signifikanten Reduzierung des Gesundheitsrisikos gegenüber dem Tabakrauchen.
Argumente dafür, weshalb eine Harm-Reduction-Strategie als gesamtgesellschaftliche Strategie zur Tabakkontrolle sinnvoll ist:
1. Raucher können nicht mit dem Tabakrauchen aufhören
Die überwiegende Zahl der tabakabhängigen Raucher möchten aus der Sucht aussteigen. Doch aus psychologischen Gründen, wie z.B. zur eigenen Beruhigung bzw. zur Relativierung ihrer Sucht, behaupten sie oftmals, dem wäre nicht so, sie würden „gerne“ rauchen.
Die Abhängigkeit wird durch bestimmte Stoffe im Tabakrauch [5] in Verbindung mit Nikotin ausgelöst. Weiterhin existiert eine nicht zu unterschätzende Verhaltensabhängigkeit bezüglich des Rauchrituals, oftmals in Verbindung mit bestimmten Ereignissen und Routinen. Die Gesamtheit der Abhängigkeitsfaktoren führt also dazu, dass es Rauchern ausgesprochen schwerfällt, von der Gewohnheit zu lassen. Daher ist die Rückfallquote bei klassischer Entwöhnung relativ hoch.
Die Harm-Reduction ist ein Ansatz der alle Abhängigkeitsfaktoren berücksichtigt und wesentlich erfolgversprechender ist.
2. Alternative nikotinhaltige Produkte sind wirksame Hilfsmittel zur Raucherentwöhnung
Bekannte alternative nikotinhaltige Produkte zur Raucherentwöhnung sind die Produkte der Nikotinersatztherapie (NRT), wie Kaugummis, Mundsprays, Pflaster etc. Diese Produkte dienen dazu, den Rauchstopp zu erleichtern, indem dem Körper weiterhin Nikotin zugeführt wird, ohne rauchen zu müssen. Ziel dieser Therapien ist der Ausstieg aus der Tabakabhängigkeit. Ist dieser erfolgt, sollen die NRT ausgeschlichen werden, um letztlich ohne jegliche Nikotinzufuhr auszukommen. Die Nutzung von NRT ist keine wirkliche Form der Harm-Reduction, sondern dient der Erreichung des Ziels einer völligen Abstinenz. Da NRT die Verhaltensabhängigkeit nicht bedienen und den Körper lediglich mit Nikotin versorgen, liegt die Erfolgsquote lediglich bei ca. 4 %. In Kombination mit begleitenden Therapien ist eine geringfügig höhere Quote erreichbar.
Echte Harm-Reduction erfolgt mit rauchfreien Tabakprodukten und mobilen Liquidverdampfern („E-Zigaretten“). Hier liegt der Schwerpunkt nicht auf der Abstinenz, sondern auf erheblicher Schadensverringerung. Die Ansätze sind jedoch unterschiedlich:
Bei echten Tabakprodukten, die auf andere Weise als durch Rauchen konsumiert werden, wird der Körper auch weiterhin mit Zusatzstoffen versorgt [6], die ursprünglich für die Abhängigkeit verantwortlich sind und auch gesundheitliche Risiken bergen. Hier fallen die durch den Verbrennungsprozess entstehenden Schadstoffe weg, weshalb das Gesundheitsrisiko gegenüber dem Tabakrauchen deutlich vermindert ist. Die Verhaltensabhängigkeit wird nicht bedient. Sie kann aber durch eine neue Verhaltensabhängigkeit (Form des Konsums) ersetzt werden. Über die Erfolgsquote bei Tabakerhitzern liegen noch keine belastbaren Daten vor, da sie erst sehr kurz auf dem Markt sind.
Die erfolgreichste Methode ist die Schadensverringerung durch mobile Liquidverdampfer („E-Zigaretten“). Die Quote ist im Vergleich zu NRT und alternativen Tabakprodukten doppelt bis vierfach so hoch und sie könnte noch wesentlich höher ausfallen, wenn die Bekanntheit dieser Produkte zunehmen und die Desinformation über vermeintliche Risiken abnehmen würde.[7][8][9][10][11][12][13] Entscheidender Vorteil ist, dass neben der Zufuhr von Nikotin auch die Verhaltensabhängigkeit (u.a. Inhalation, Ritual) bedient wird. Hinzu kommt der komplette Wegfall der schädlichen Wirkung der anderen Tabakinhaltsstoffe und der Verbrennung.
Insgesamt kann man konstatieren, dass alternative nikotinhaltige Produkte aufgrund der verringerten Schädlichkeit durchaus zur Raucherentwöhnung geeignet sind, dies jedoch mit unterschiedlichen Erfolgsaussichten.
3. Die Nutzung von mobilen Liquidverdampfern („E-Zigaretten“) ist wesentlich unschädlicher als das Tabakrauchen
Wie der Name schon sagt, setzt die Harm-Reduction voraus, dass der Konsum einer Alternative weniger schädlich ist als das Tabakrauchen. Nach Stand der Forschung sind mobile Liquidverdampfer („E-Zigaretten“) mindestens 95 % weniger schädlich, als der Konsum von Tabakrauch. Dies gilt seit Veröffentlichung des PHE-Reports14 „E-cigarettes: an evidence updateA report commissioned by Public Health England“ als anerkannt. Die kolportierten 95 % sind jedoch kein fester Wert und nicht als unumstößlich anzusehen. Die verbleibenden 5 % Restrisiko werden der aufrechterhaltenen Abhängigkeit von Nikotin zugeschrieben. In den üblicherweise konsumierten Mengen hat Nikotin selbst keine nachhaltig schädliche Wirkung. Die oftmals angeführte Erhöhung des Pulsschlages und des Blutdrucks ist nur kurzfristig und voll reversibel.[14] Betrachtet man die Aufrechterhaltung der Abhängigkeit nicht als schädlich, so liegt der Wert noch wesentlich höher.[15]
4. Dual Use ist ebenfalls Schadensreduzierung
Ein häufig benutztes Argument gegen die Nutzung von mobilen Liquidverdampfern („E-Zigaretten“) ist, dass viele Raucher temporär oder dauerhaft neben dem Konsum von Liquidaerosol weiterhin rauchen. Dieses Verhalten wird „Dual Use“ genannt. Es wird behauptet, dies hätte kein Potenzial zur Schadensverringerung, weil es bei krebserregenden Substanzen keine unschädliche Dosis gäbe. Diese Argumentation trifft aber nur zu, wenn man die Schädlichkeit des Tabakrauchs auf den Lungenkrebs reduziert. Sie lässt zahlreiche weitere Stoffe und Wirkungen außen vor, wie z.B. Kohlenmonoxid und andere Substanzen, welche maßgeblich z.B. für COPD verantwortlich sind. Hier gibt es jedoch sinnvolle Grenzwerte und jede nicht gerauchte Tabakzigarette reduziert die Exposition mit diesen Schadstoffen.
Dual Use ist somit durchaus eine Form der Harm-Reduction, wenn auch nicht so effektiv wie ein kompletter Umstieg auf mobile Liquidverdampfer. Temporärer Dual Use bis zur endgültigen Tabakabstinenz darf dabei noch positiver gewertet werden.
Unter Berücksichtigung der Fakten und Argumente befürwortet die Interessengemeinschaft ExRaucher ausdrücklich die Nutzung mobiler Liquidverdampfer („E-Zigaretten“) zum Zweck der Schadensverringerung. Es wäre fatal, diese hervorragende Möglichkeit, hunderttausende, ja Millionen Menschenleben zu retten und abhängige Raucher vor Qualen und Elend zu bewahren, nicht wahrzunehmen. Es muss ein Umdenken stattfinden. Jeder Raucher, der auf mobile Liquidverdampfer umsteigt, gewinnt dadurch die Chance auf ein gesünderes und längeres Leben mit weitaus höherer Qualität. Darüber hinaus fällt durch den Umstieg auch die unmittelbare physische, wie auch die psychische Belastung der Menschen aus dem Umfeld eines Rauchers weg.
Weiterhin bietet die Tabak Harm-Reduction auch wirtschaftliche Vorteile für den Einzelnen und die Allgemeinheit durch geringere Krankheitskosten und z.B. die Reduzierung durch krankheitsbedingten Arbeitsausfall.
[1] „What is Harm Reduction? A position statement from the International Harm Reduction Association (IHRA)“.
[2] „WHO | Lexicon of alcohol and drug terms published by the World Health Organization“.
[3] „Drogen- und Suchtbericht – Oktober 2018“, 48.
[4] ICD10: F17 Psychische und Verhaltensstörungen durch Tabak; F17.2 Abhängigkeitssyndrom
[5] „Tabakzusatzstoffe – EUROPA, DG Health and Consumer Protection, Public Health“.
[6] „Heat-Not-Burn Tobacco Cigarettes: Smoke by Any Other Name | Tobacco and e-Cigarettes | JAMA Internal Medicine | JAMA Network“.
[7] „E-Zigaretten bei Tabakabhangigkeit – 17. Interdisziplinarer Kongress für Suchtmedizin“.
[8] „E-Cigarettes and Smoking Cessation: Evidence from a Systematic Review and Meta-Analysis“.
[9] Electronic cigarette use in the European Union: analysis of a representative sample of 27 460 Europeans from 28 countries. – PubMed – NCBI“.
[10] Hajek u. a., „A Randomized Trial of E-Cigarettes versus Nicotine-Replacement Therapy“.
[11] „Use of smoking cessation products: A survey of patients in community pharmacies. – PubMed – NCBI“.
[12] „Electronic cigarettes for smoking cessation and reduction – McRobbie, H – 2014 | Cochrane Library“.
[13] Beard u. a., „Association between Electronic Cigarette Use and Changes in Quit Attempts, Success of Quit Attempts, Use of Smoking Cessation Pharmacotherapy, and Use of Stop Smoking Services in England: Time Series Analysis of Population Trends“.
[14] „Cigarette smoking, endothelial injury and cardiovascular disease“.
[15] Dr. Bernhard-Michael Mayer; „Wie schädlich sind E-Zigaretten?„.